Ankunft

Häftlinge und Gefangene der Emslandlager

„Die Opfer reden!“

Deutsche Freiheit, 6.3.1934

2. September 1933: Der erste Mord in den Emslandlagern

„Wenn im Lager gesoffen wurde, trieb man die Prominenten zusammen – einmal waren es 30 Mann – und mißhandelte sie viehisch. Am 2. September 1933 wurde Hans Alexander draußen im Moor niedergeknallt. Er durfte am Feierabend beim Abmarsch sein Zeug nicht mitnehmen und wurde später allein abkommandiert, um die zurückgebliebenen Sachen zu holen. Dabei ist dann der Mord geschehen. Schon am Morgen des Mordtages herrschte bei uns eine gedrückte Stimmung. Wir wußten, daß etwas passieren würde.“

Anonymus, Die Opfer reden! Tatsachenbericht aus dem Mordlager Papenburg, in: Sozialdemokrat, 7.3.1934. Die Passage ist auch in dem textgleichen, aber anders gesetzten Abdruck in der „Deutschen Freiheit“ einen Tag zuvor enthalten, dort aber durch einen Satzfehler nicht zusammenhängend wiedergegeben.

„Acht Gefangene mussten den erschossenen Alexander auf Schlothagenstiele, die langen Stiele für Jaucheschöpfer, legen und ihn ein Stück tragen. (…) Eggerstedt wurde gezwungen, den toten Alexander abzuwaschen, und die Juden mußten ihn anziehen. Keiner durfte in die Arrestzelle gehen, in der er aufgebahrt wurde.“

Anonymus, Papenburg – Esterwegen, in: Konzentrationslager. Ein Appell an das Gewissen der Welt, Karlsbad 1934, S. 177. Es handelt sich um denselben Verfasser wie bei dem Bericht in der „Deutschen Freiheit“.

Transporte in dichter Folge

Lageplan des KZ Esterwegen (1933/34) (A = Lager II, B = Lager III). Aus: Konzentrationslager. Ein Appell an das Gewissen der Welt, Karlsbad 1934, S. 181. Mit dem Buchstaben „H“ ist der Tatort des Mordes an Hans Alexander markiert, mit dem Buchstaben „J“ der Erschießungsort von Otto Eggerstedt.

Erster Augenzeugenbericht über das KZ Esterwegen

Sozialdemokrat, 7.3.1934

„Die Wahrheit verlangt, festzustellen, daß in unserem Lager die Sozialdemokraten viel schlechter behandelt wurden als die Kommunisten.“

Anonymus, Aus dem Mordlager Papenburg. Tatsachenbericht der Opfer, in: Sozialdemokrat, 7.3.1934.

Formen der Gewalt 

Deutsche Freiheit, 6.3.1934

„Katzmann empfand sichtlich Vergnügen, wenn Gefangene geprügelt wurden. Er hat, wie im Fall Eggerstedt, oft Gefangene gezwungen, ihre Leidensgenossen mit Gummiknüppeln zu schlagen. Was Schläger und Geschlagene dabei fühlten, läßt sich nicht beschreiben. Katzmann aber empfang Genugtuung! Wenn Katzmann nachts betrunken war – was sehr oft vorkam –, ließ der die ‚Juden und Bonzen‘ aus den Baracken holen. (…) SS-Sturmführer Faust wütete im Lager noch fürchterlicher als der Kommandant. (…) Grund für seine Brutalitäten an Gefangenen fand Faust immer. (…) Dieser stellvertretende Lagerkommandant (…) hat im Rausch Gefangenen ‚Strammstehen‘ befohlen und sie dann angepinkelt.“

Anonymus, Papenburg – Esterwegen, in: Konzentrationslager. Ein Appell an das Gewissen der Welt, Karlsbad 1934, S. 175f.

Quellen und weiterführende Literatur

Appell (1934): Konzentrationslager. Ein Appell an das Gewissen der Welt, Karlsbad 1934.

Klausch, Hans-Peter (2005): Tätergeschichten. Die SS-Kommandanten der frühen Konzentrationslager im Emsland, Bremen.

Knoch, Habbo (2017): „Endlose Heide. Tempo! Tempo!“. Die Emslandlager von 1933 bis 1936, in: Jörg Osterloh/Kim Wünschmann (Hg.), „… der schrankenlosesten Willkür ausgeliefert“. Häftlinge der frühen Konzentrationslager 1933-1936/37, Frankfurt am Main, S. 97-122.

Megargee, Geoffrey P. (2009): Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933-1945. Vol. 1, Sect. 1: Early Camps, Bloomington (Einträge zu Esterwegen II und III: S. 68-74).

Weitkamp, Sebastian (2021): Jüdische Häftlinge und antisemitische Gewalt in den frühen Konzentrationslagern im Emsland, in: GedenkstättenRundbrief, Nr. 202, S. 13-22.

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